Die Kinder sind Könige von Delphine de Vigan

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dieleistens
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Die Kinder sind Könige von Delphine de Vigan

Beitrag von dieleistens » 16. Mär 2022, 08:37

Da ich mit großer Begeisterung bereits "No & ich" von Delphine de Vigan gelesen hatte, waren meine Erwartungen bei diesem Buch entsprechend hoch. Obwohl die Autorin hier ein gänzlich anderes Thema anpackt, wenn auch nicht weniger brisant, wurde ich nicht enttäuscht. Im Mittelpunkt der Geschichte steht Melanie, die in ihrer eigenen Jugend erste Erfahrungen mit dem damals aufkommenden Reality TV macht, allerdings bleibt sie hierbei im Gegensatz zu ihren damaligen Wunschträumen komplett erfolglos, fühlt sich mittelmäßig und den Ansprüchen des Mainstream nicht genügend. Ganz anders nun Jahre später, mittlerweile ist unsere Protagonistin Mutter zweier kleinerer Kinder. Melanie versucht erneut ihr Glück, diesmal als sogenannte Influencerin, sie stellt pausenlos unzählige Videos ihres Familienlebens, vor allem ihrer Kinder ins Netz, auf die Plattformen diverser sozialer Netzwerke. Dabei merkt sie nicht, dass sie hierbei einzig und allein ihre Wünsche und den eigenen Ehrgeiz befriedigt, u. nach und nach das Wohl und die Privatsphäre ihrer Kinder komplett vernachlässigt, von Dritten darauf aufmerksam gemacht, streitet sie dies ab bzw. redet den Sachverhalt sich selbst gegenüber schön. Als ihre 6jährige Tochter Kimmy beim Spielen vor der eigenen Haustür verschwindet, drängt sich der Verdacht auf, dass das Mädchen von einem neidischen Follower entführt worden sein könnte, Melanies selbstsüchtiges Verhalten gerät erneut und verstärkt in den Fokus. Der Leser erfährt die Geschichte, die auf mich stellenweise den Eindruck eines Krimis erweckte, aus zweierlei Perspektiven. Zwar wird durch einen Erzähler von außen in der dritten Person berichtet, die Sichtweisen wechseln hierbei aber zwischen der Familie einerseits und einer ermittelnden Polizistin, Clara, andererseits. Mir blieben alle handelnden Personen irgendwie fremd, ich konnte mich mit niemandem identifizieren, trotzdem schafft es die Autorin durch ihre Eindringlichkeit, einen ganz intensiv in die Handlung mitzunehmen. Die Protagonistin war mir allerdings extrem unsympathisch, ich war zwischenzeitlich richtig wütend, wie Melanie ihre Kinder verheizt, um den eigenen Sehnsüchte zu befriedigen. Delphine de Vigan nähert sich in diesem Buch einem hoch brisanten Thema, mit dem ich mich zugegebenermaßen im Vorfeld noch nicht sonderlich intensiv beschäftigt hatte. Von mir bekommt "Die Kinder sind Könige" auf jeden Fall die volle Punktzahl und eine absolute Leseempfehlung!

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