Nachgetragene Liebe: Roman (Fiction, Poetry & Drama)
Leicht vergilbt, aber sonst guter Zustand
Härtling schuldet seinem Vater Gerechtigkeit. Er holt dies Jahrzehnte nach dem kriegsbedingten Tod seines Vaters nach, genauer gesagt: Er schreibt sich seine Kindheit als Pimpf vom Herzen. Der Schuldposten Gerechtigkeit wandelt sich dabei in einen Habenposten, in Liebe, die zur rechten Zeit gefehlt hat und jetzt - zu spät für den Vater, aber rechtzeitig für jeden jungen Leser - nachgetragen wird. Härtling gelingt eine eindringliche und über seinen Einzelfall hinausreichende Darstellung der Spannungen zwischen einer durch den Zeitgeist verführten Jugend und einer durch Bildung und Lebenserfahrung beeinflussten Mitmenschlichkeit. Dass in diese Darstellung ein paar Unwahrscheinlichkeiten einfießen (um seine Vaterferne zu demonstrieren, glaubt der Sohn sich ins Gedächtnis rufen zu können, dass "mitten während des Englisch-Unterrichts einer von meinen Mitschülern aufstand und unserer jungen Lehrerin seinen Schwanz zeigte"), muss wohl mehr als dichterische Verdichtung und weniger als Zugeständnis an unsere derzeitigen literarischen Neigungen angesehen werden.